Das Amtsgericht Nürnberg hat entschieden, dass eine an einem Hochbett angebrachte Absturzsicherung sich mit Ausnahme eines 30 – 40 Zentimeter breiten Einstiegsbereichs in einer Höhe von mindestens 16 Zentimetern über der Oberkante der Matratze über die gesamte Länge des Bettes erstrecken muss. Im Falle eines Sturzes spreche bei unzureichender Absturzsicherung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz in Folge der nicht ausreichenden Sicherung zustande gekommen sei.
Der 13-jährige Kläger, der im Prozess durch seine Mutter vertreten wurde, übernachtete zusammen mit seiner Mutter und deren Lebensgefährten in einem Familienzimmer des von der Beklagten betriebenen Hotels. Er schlief oben in einem Hochbett. Er behauptet, dass er nachts gegen 4 Uhr aus dem Bett gefallen sei und dies auf eine zu geringe Absturzsicherung zurückzuführen sei. Er verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld sowie den Ersatz weiterer ihm entstandener Schäden. Die Absturzsicherung an dem Hochbett war aus seiner Sicht unzureichend, weil sich diese nicht über die gesamte Bettlänge erstreckte, sondern lediglich in einem geringen Teil in einer Höhe von 16 cm über die Matratze hinausragte. Die Beklagte ist hingegen der Auffassung, dass es nicht notwendig sei, die Sicherung über die gesamte Länge des Bettes zu erstrecken. Zudem sei nicht klar, ob der Kläger nicht aufgrund eigenen Verschuldens aus dem Bett herausgefallen sei.
Das Amtsgericht Nürnberg hat grundsätzlich einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz aus dem mit der Beklagten bestehenden Beherbergungsvertrag bejaht und ihm ein Schmerzensgeld sowie materiellen Schadensersatz zugesprochen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts hat die Beklagte ihre Pflichten aus dem Beherbergungsvertrag verletzt, indem sie dem Kläger ein Etagenbett mit einer nicht ausreichenden Absturzsicherung zur Verfügung stellte. Im Rahmen eines Beherbergungsvertrages sei als Mindeststandard eine ausreichende Sicherheit nach dem jeweils gültigen und aktuellen Stand der Technik zu gewährleisten. Für Etagenbetten regele die DIN EN 747-1 „Anforderungen an die Sicherheit, Festigkeit und Dauerhaltbarkeit von Etagenbetten und Hochbetten für den Wohnbereich“, dass die Absturzsicherung für das obere Bett durch einen Zaun, ein Gitter oder Geländer, welches mindestens 16 cm über die Oberkante der Matratze hinausragt, gewährleistet sein müsse. Das Bett der Beklagten hatte lediglich eine Absturzsicherung in der Mitte des Bettes, welche nur über wenige Zentimeter die Mindesthöhe von 16 cm einhielt. Die Absturzsicherung darf – so das Amtsgericht Nürnberg – aber nur im Einstiegsbereich in einer Breite von ca. 30 – 40 Zentimetern unterhalb der von der DIN festgelegten Mindesthöhe liegen. Diese Anforderungen habe das Bett der Beklagten nicht erfüllt.
Aufgrund der Tatsache, dass die DIN-Norm auf fast der gesamten Länge des Bettes nicht eingehalten worden sei, spricht nach Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz des Klägers auf die unzureichende Absicherung zurückzuführen sei. Letzten Endes sei ein solcher Sturz nur dann vorstellbar, wenn entweder der Oberkörper oder der Unterkörper bereits so weit über den Rand des Bettes hinaus rage, dass der Schwerpunkt sich außerhalb des Bettes verlagere. Eine Absturzsicherung sei genau dazu gedacht, dies zu verhindern.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: OLG Nürnberg, Pressemitteilung vom 08.05.2019 zum Urteil 19 C 7391/18 des AG Nürnberg vom 24.04.2019 (nrkr)