Ende der Roaminggebühren für Reisende in der EU ab Juni 2017
1. Roaming in der EU
Wie funktioniert Roaming in der EU?
Wenn Sie in ein anderes Land verreisen und dort mit Ihrem Handy (oder anderen Geräten mit einer SIM-Karte ihres Heimatlandes) telefonieren, SMS schreiben oder im Internet surfen, dann ist das Roaming. Ihr Anbieter zahlt dem ausländischen Betreiber ein Entgelt, um dessen Netzwerk nutzen zu können. Das ist das sogenannte Roamingvorleistungsentgelt. Für den heimischen Anbieter ist dies ein Kostenfaktor, der somit Einfluss auf die Rechnung des Endkunden hat. Deshalb hat die Kommission daran gearbeitet, diese Preise in der EU sowohl für die Betreiber (Vorleistungsentgelte) als auch unmittelbar für die Verbraucher (Roaminggebühren) zu begrenzen.
Welche unterschiedlichen Mobilfunkpreise gelten in der EU?
Die Bürgerinnen und Bürger in der EU haben unterschiedliche Reisegewohnheiten und jedes Reiseziel hat unterschiedliche Netzkosten. Eine aktuelle Studie der Europäischen Kommission zeigt, dass auch die Angebote für Verbraucher in den einzelnen Mitgliedstaaten stark variieren. Ein Beispiel: Der günstigste Monatsdeal mit 1 GB Datenvolumen, 600 Freiminuten und 225 Gratis-SMS kostete 2016 in Ungarn 60 Euro, in Estland dagegen nur 8 Euro (MwSt. und vergünstigte Smartphones nicht eingerechnet).
2. Schritte der EU gegen Roaminggebühren
Die Europäische Kommission arbeitet seit 2007 mit Erfolg an geringeren Roamingkosten für die Verbraucher. Das hat die Gewohnheiten vieler Europäerinnen und Europäer geändert, die früher ihr Handy im Urlaub ausgeschaltet haben. 2013 legte die Kommission einen Gesetzentwurf vor, um Roaminggebühren für Reisende, die sich zeitweilig im EU-Ausland aufhalten, abzuschaffen. Im Oktober 2015 haben das Europäische Parlament und der Rat dem zugestimmt und den 15. Juni 2017 als Stichtag für die Umsetzung festgelegt (nähere Einzelheiten finden Sie hier).
Ab 15. Juni 2017 wird es möglich, Mobilgeräte im EU-Ausland zu demselben Tarif zu nutzen wie zu Hause („Roam like at Home“), sofern die sogenannten „Fair Use“-Regeln der Betreiber (zur Vermeidung einer missbräuchlichen Nutzung) eingehalten werden. Wenn Sie beispielsweise ein monatliches Paket mit Minuten, SMS und Datenvolumen in Ihrem Heimatland abonniert haben, wird jedes Gespräch, jede SMS und jeder Download auf Reisen im EU-Ausland wie im Inland ohne Aufpreis mit Ihrem Paket verrechnet.
In welchen Schritten wurden die Roamingpreise in der EU gesenkt?
Die EU hat seit 2007 Senkungen der Endkundenpreise für Anrufe um 92 % erreicht [1].
Die EU hat seit 2009 Senkungen der Endkundenpreise für SMS um 92 % erreicht [2].
Datenroaming ist heute um bis zu 96 % billiger als 2012, als in der EU erstmals eine entsprechende Preisobergrenze auf Endkundenebene eingeführt wurde [3].
Zwischen 2008 und 2015 ist der Roaming-Datenverkehr um mehr als das Hundertfache angestiegen.
Regulierte Roamingtarife 2007-2016 (s. Originaldokument)
Welche Maßnahmen sind für die Abschaffung von Roaminggebühren notwendig?
Zusammen mit ihrer Zustimmung zum Roaming zu Inlandspreisen („Roam like at Home“) wiesen das Europäische Parlament und der Rat die Kommission an, folgende unterstützende Maßnahmen zur praktischen Umsetzung der Regelung zu entwickeln:
– einen Legislativvorschlag (bis zum 15. Juni 2016) für eine Reform des Roamingvorleistungsmarkts, d. h. der Höchstpreise, die sich die Betreiber gegenseitig in Rechnung stellen dürfen, wenn ihre Kunden beim Roaming ausländische Netze nutzen. Auf Vorschlag der Kommission einigten sich die Kommission, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten am 31. Januar 2017 auf folgende Obergrenzen für Roamingvorleistungsentgelte:
0,032 Euro pro Minute für Anrufe, ab 15. Juni 2017
0,01 Euro pro SMS, ab 15. Juni 2017
schrittweise Senkung der Preisobergrenzen für Datenverkehr über 5 Jahre, von 7,70 Euro pro GB (ab 15. Juni 2017) auf 6 Euro/GB (ab 1.1.2018), dann auf 4,50 Euro/GB (ab 1.1.2019), 3,50 Euro/GB (ab 1.1.2020), 3 Euro/GB (ab 1.1.2021) und schließlich 2,50 Euro/GB (ab 1.1.2022).
- „Fair Use“-Regeln: Betreiber haben die Möglichkeit, missbräuchlicher Nutzung vorzubeugen, etwa dem systematischen Weiterverkauf von günstigen SIM-Karten zum permanenten Gebrauch in anderen Ländern. Solche Maßnahmen zur Gewährleistung einer angemessenen Nutzung sind notwendig, um Nachteile für die Verbraucher auf den heimischen Märkten zu vermeiden.
- Mobilfunkbetreiber können, falls die Abschaffung der Roaminggebühren im spezifischen Markt zu Preiserhöhungen für ihre Kunden führen könnte, unter klar definierten Bedingungen befristete Ausnahmeregelungen treffen, sofern diese von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigt wurden. Diese Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn die Verluste des Betreibers im Endkunden-Roaminggeschäft mindestens 3 % der Marge aus Mobilfunkdiensten ausmacht.
3. Das Ende der Roaminggebühren für alle Reisenden in der EU
Wie wird das funktionieren?
Mobilfunkbetreiber müssen ihre Roamingdienste zu Inlandspreisen denjenigen Verbrauchern anbieten, die sich vorübergehend auf Reisen in der EU befinden und entweder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat des Betreibers haben oder eine dauerhafte Verbindung zu dem Land unterhalten. Falls notwendig, kann der Betreiber den Kunden auffordern, einen entsprechenden Nachweis zu erbringen.
Roaminganbieter können faire, angemessene und verhältnismäßige Kontrollmechanismen mit objektiven Kriterien anwenden, um – über vorübergehende Auslandsaufenthalte hinausgehenden – missbräuchlichen oder unangemessenen Gebrauch der „Roam like at Home“-Regelung festzustellen.
Was wird abgedeckt?
Der Entwurf der Vorschriften sieht vor, dass alle europäischen Reisenden, die eine roamingfähige SIM-Karte aus einem Mitgliedstaat besitzen, in dem sie gemeldet sind oder zu dem sie eine dauerhafte Verbindung haben, ihr Mobilgerät in jedem anderen EU-Land wie zu Hause nutzen können. So haben beispielsweise auch Pendler und entsandte Arbeitnehmer eine „dauerhafte Verbindung“ zu dem Land ihres Arbeits- oder Studienorts.
Muss ich mich für „Roam like at Home“ registrieren?
Eine formelle Anmeldung ist nicht notwendig. „Roam like at Home“ sollte ab 15. Juni 2017 in allen Mobilfunkverträgen, die Roaming anbieten, automatisch eingeschlossen sein. Betreiber können von den Verbrauchern jedoch einen Nachweis des Wohnsitzes im jeweiligen Mitgliedstaat verlangen.
Verbraucher können eine dauerhafte Verbindung auch anhand regelmäßiger Aufenthalte in dem Mitgliedstaat des Anbieters nachweisen, etwa durch ein Beschäftigungsverhältnis oder wiederkehrende Kurse an einer Universität.
Wie werden meine persönlichen Daten geschützt?
Die Roaming-Regeln für eine angemessene Nutzung erfordern explizit, dass Roaminganbieter die einschlägigen Datenschutzbestimmungen einhalten müssen. Die Kommission hat dazu die Stellungnahme des europäischen Datenschutzbeauftragten eingeholt und berücksichtigt. Um zu prüfen, in welchem Ausmaß Kunden mobile Sprach- und Datendienste im Ausland nutzen, dürfen die Betreiber nur die Angaben heranziehen, die sie ohnehin für Abrechnungszwecke einholen.
Kann man weiterhin verschiedene SIM-Karten in verschiedenen Mitgliedstaaten kaufen?
Ja. EU-Bürgerinnen und -Bürger können auch weiterhin in jedem Mitgliedstaat eine beliebige SIM-Karte kaufen und damit zu Inlandstarifen surfen und telefonieren oder Roamingdienste nutzen. Allerdings werden sie „Roam like at Home“ unter Umständen nicht nutzen können, wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat ansässig sind, wo sie die Karte gekauft haben (bzw. keine dauerhafte Verbindung besteht, die eine häufige und erhebliche Anwesenheit in dem Land mit sich bringt).
Welche Rolle spielen die nationalen Regulierungsbehörden?
Wie bereits unter den geltenden Roaming-Bestimmungen werden die Regulierungsbehörden auch in Zukunft prüfen, ob sich die Mobilfunkbetreiber an die neuen Regeln halten, und Maßnahmen ergreifen, wenn dies nicht der Fall ist.
Gibt es regulierende Schutzvorkehrungen?
Die Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch basieren auf klaren eindeutigen Grundsätzen und sehen Kriterien und Instrumente vor, die angemessen, nichtdiskriminierend und transparent sind und die Privatsphäre schützen. Um möglichen Missbrauch zu erkennen, kann der Betreiber das Nutzungsverhalten seiner Kunden sowohl im Inland als auch in anderen Mitgliedstaaten überprüfen (Kontrollmechanismus). Dabei werden folgende eindeutige und transparente Indikatoren herangezogen, die sich allerdings nur auf die Informationen stützen, die der Betreiber ohnehin für die Abrechnung verwendet:
- überwiegende Roamingnutzung gegenüber Inlandsnutzung UND überwiegender Aufenthalt in anderen EU-Mitgliedstaaten (d. h. Einbuchung in das Netz des Roaminganbieters) gegenüber Inlandsaufenthalten, und zwar über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten;
- lange Inaktivität einer bestimmten SIM-Karte, die überwiegend oder sogar ausschließlich zum Roaming eingesetzt wird;
- Verträge für mehrere SIM-Karten und deren aufeinanderfolgende Nutzung zum Roaming durch denselben Kunden.
Roaminganbieter müssen ihre „Fair Use“-Regelungen der nationalen Regulierungsbehörde mitteilen und detailliert im Vertrag anführen.
„Roam like at Home“ ist auf Reisende zugeschnitten. Für die Feststellung, dass ein Kunde „Roam like at Home“ möglicherweise missbräuchlich oder zweckwidrig nutzt, muss der Betreiber dies über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten nachweisen. Verbringt ein Kunde mehr als zwei dieser vier Monate im Ausland und nutzt währenddessen auch seine SIM-Karte dort häufiger als zu Hause, kann der Anbieter ihm eine Warnung schicken. Nach deren Erhalt hat der Kunde zwei Wochen Zeit, die Situation zu klären. Sollte er weiterhin im Ausland bleiben, kann der Betreiber geringe Zusatzgebühren berechnen (gemäß den Obergrenzen für Roamingvorleistungsentgelte).
Für den Streitfall muss der Betreiber ein Beschwerdeverfahren vorsehen. Besteht der Konflikt weiter, kann sich der Kunde zur Streitbeilegung an die nationale Regulierungsbehörde wenden.
Für die günstigsten Verträge mit unlimitiertem Datenvolumen oder sehr niedrigen Inlandspreisen (d. h. unterhalb der Obergrenze für Roamingvorleistungsentgelte) sind besondere Vorkehrungen hinsichtlich des zulässigen Datenkonsums geplant, damit diese Verträge weiter angeboten werden können.
Führt die Abschaffung der Roaminggebühren zu einem Anstieg der Inlandstarife?
Seit Inkrafttreten der EU-Verordnungen zur Senkung der Roaminggebühren haben sich auch die inländischen Mobilfunkpreise nach unten entwickelt. Dieser Trend dürfte sich auch in Zukunft fortsetzen.
Der von der Kommission angenommene Durchführungsrechtsakt vom Dezember 2016 enthält detaillierte Regeln zu den folgenden zwei Schutzbestimmungen, durch die Wettbewerbsverzerrungen auf den heimischen Märkten, die andernfalls zu Preissteigerungen führen könnten, vermieden werden sollen: 1) „Fair Use“-Regelungen, die es Mobilfunkbetreibern ermöglichen, einer missbräuchlichen oder zweckwidrigen Nutzung von Roamingdiensten, etwa durch permanentes Roaming, vorzubeugen, sowie 2) befristete Ausnahmeregelungen, die Mobilfunkbetreiber unter klar definierten Bedingungen anwenden können, wenn die Abschaffung der Roaminggebühren in einem bestimmten Markt zu einem Anstieg der Inlandspreise führen könnte und die Regelungen von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigt wurden.
In der Folgenabschätzung zu ihrem Vorschlag zur Reform des Roamingmarktes vom 15. Juni 2016 kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass ihre damals vorgeschlagenen Obergrenzen für die Roamingvorleistungsentgelte (0,04 Euro/min für Anrufe, 0,01 Euro pro SMS und 8,50 Euro/GB) so gestaltet sind, dass die allermeisten Mobilfunkbetreiber diese befristeten Ausnahmeregelungen nicht anwenden müssten. Die Kommission ist der Ansicht, dass die am 31. Januar 2017 vereinbarte Absenkung der Obergrenzen für Roamingvorleistungsentgelte mit ihren damaligen Schlussfolgerungen im Einklang steht.
Qulle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 19.04.2017