Keine Haftung eines Waldbesitzers für „waldtypische“ Gefahren
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit am 20.12.2017 veröffentlichtem Beschluss bekräftigt, dass der Waldbesitzer für „waldtypische Gefahren“ nicht verantwortlich ist. Selbst wenn atypische Gefahren vorlägen, könne das allgemeine Lebensrisiko nicht auf den verkehrssicherungspflichtigen Waldbesitzer abgewälzt werden.
Die Klägerin nimmt das beklagte Land Hessen auf Schadensersatz in Anspruch.
Sie unternahm im Frühjahr 2016 im Kreis Groß-Gerau eine Radtour auf einem Waldweg der Beklagten. Dieser Weg ist nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet, wird aber häufig von Fußgängern und Radfahrern genutzt. Er ist unbefestigt und weist Löcher und Querrillen auf, die der Klägerin von früheren Ausflügen her bekannt waren.
Die Klägerin behauptet, trotz umsichtiger Fahrweise habe sich plötzlich und für sie gänzlich unvorhersehbar ein ca. 20 × 20 cm breites und 20 cm tiefes Loch im Weg gezeigt. Beim Versuch, dem Loch auszuweichen, sei sie ins Schleudern geraten und auf ihre linke Schulter gestürzt. Sie nimmt deshalb das Land Hessen auf Schmerzensgeld in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hin hat das OLG mit am 20.12.2017 veröffentlichtem Hinweisbeschluss bekräftigt, dass das Land für den behaupteten Unfall nicht hafte. „Eine Haftung des Waldbesitzers für waldtypische Gefahren (ist) ausgeschlossen, weil sich der Waldbesucher mit dem Betreten des Waldes bewusst derartigen Gefahren aussetzt“, stellt das OLG klar. Dies gelte in besonderer Weise bei der Nutzung von Waldwegen, die nach dem Straßen- und Wegerecht keine öffentlichen Straßen darstellten. Auch wenn derartige Wege stark frequentiert würden – wie hier -, sei der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren verantwortlich. „Waldtypisch“ seien dabei Gefahren, „die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben“, so das OLG unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung. Das streitgegenständliche Loch unterfalle diesem Begriff. Es entspreche allgemeiner Erfahrung, „dass im bewaldeten Gelände Wege auf gewachsenem Boden durch Wurzelwerk und Auswaschungen infolge von Witterungseinflüssen erhebliche Unebenheiten, insbesondere auch Löcher, aufweisen können“.
Im Übrigen würde das beklagte Land auch nicht haften, wenn eine atypische Gefahr vorgelegen hätte, ergänzt das OLG. Eine Pflichtverletzung scheide grundsätzlich aus, wenn die Gefahrenquelle mit einer „Selbstwarnung“ versehen sei. „Die Verkehrssicherungspflicht dient insbesondere nicht dazu, das allgemeine Lebensrisiko auf den Sicherungspflichtigen abzuwälzen“, betont das OLG. Die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder belegten hier, dass das Loch als Gefahrenquelle ausreichend erkennbar gewesen sei.
Die Klägerin hat auf diesen Hinweis hin ihre Berufung zurückgenommen, so dass das landgerichtliche Urteil rechtskräftig ist.
Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 20.12.2017 zum Beschluss 13 U 111/17 vom 30.10.2017