Der auch nur eingeschränkte Betrieb einer Skiwerkstatt in einem Wohngebäude durch den Mieter kann ihm gegenüber zur Kündigung berechtigen.
Das Amtsgericht München verurteilte am 30.11.2017 die Beklagten, die von ihnen gemietete Doppelhaushälfte in Unterschleißheim bei München nebst Garten und Garage zu räumen und an die Klägerin binnen eines halben Jahres herauszugeben.
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten bewohnen mit ihren beiden gemeinsamen Kindern die von ihnen angemietete streitgegenständliche Doppelhaushälfte. Im Mietvertrag vom Juni 2016 ist geregelt, dass das Mietobjekt zur Benutzung als Wohnung vermietet ist.
Im November 2016 brachten die Beklagten am Balkon des ersten Stockwerks gut sichtbar ein Plakat mit folgendem Text an: „Skiservice – Montag – Freitag 16:00 – 19:30 Uhr – Ski- und Snowboard-Service wachsen, schleifen und mehr“. Zur gleichen Zeit inserierten sie im lokalen Anzeigeblatt: „Skiservice – ab jetzt in Unterschleißheim/Lohof – Damit Ihr optimal in die kommende Wintersaison starten könnt, bieten wir unseren klassischen Skiservice für Euch an. (…) Wir bieten vom kleinen Skiservice, Breit-/Rockerskiservice alles an. Preise auf Anfrage! Jeden Donnerstag ab 17 Uhr, An- und Verkauf von gebrauchten Ski und Skischuhen. Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 16:00 – 19:30 Uhr“.
Mit Schreiben vom 28.11.2016 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die gewerbliche Tätigkeit aufzugeben und zukünftig zu unterlassen. Mit E-Mail vom 06.12.2016 verwiesen die Beklagten darauf, dass die Einrichtung der Skiwerkstatt abgesprochen sei und es keinen Ärger mit der Gemeinde geben werde, das Gewerbe sei seit einigen Jahren und auch die Betriebsstätte sei gemeldet. Am 03.02.2017 erklärte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten schriftlich die fristlose und hilfsweise auch ordentliche Kündigung.
Die Klägerin trägt vor, die gewerbliche Nutzung sei weder schriftlich noch mündlich erlaubt worden. Im Falle einer Fortführung des Skiservices müsse sie befürchten, in Hinblick auf öffentlich-rechtliche Vorschriften wegen weiterer Kosten für Genehmigungen, Gutachten oder Umbaumaßnahmen in Anspruch genommen zu werden.
Die Beklagten halten entgegen, in der Garage sei mit ausdrücklicher Zustimmung der Klägerin ein gemeinnützig tätiger Skiverein untergebracht, der nur für wenige Stunden in der Woche und nur während der Skisaison Skiservice für Vereinsmitglieder anbiete.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Klägerin Recht.
„Bei der Nutzung des Mietobjekts (…) handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit: Die Beklagten erbringen mit dem Skiservice (…) über mehrere Monate im Jahr, also nicht nur vorübergehend, Service- und Reparaturleistungen für einen unbestimmten Kreis von Kunden mit der Absicht, Gewinn zu erzielen. Dies ergibt sich aus dem gesamten Auftreten der Beklagten nach außen – mit Bannerwerbung und Anzeigen im Anzeigenblatt, wie auch aus den Angaben der Beklagten selbst. Weder auf dem Werbebanner noch in den Anzeigen gibt es irgendwelche Hinweise, dass die Leistungen nur für Mitglieder des Skivereins erbracht werden. Die Beklagten selbst schreiben in der E-Mail vom 06.12.2016, das Gewerbe sei seit Jahren gemeldet, ebenso die Betriebsstätte. (…) Das Gericht kann sich nach persönlicher Anhörung der Parteien durchaus vorstellen, dass bei Besichtigung des Mietobjekts über eine Nutzung der Garage als Skiwerkstatt, vielleicht sogar für Vereinsmitglieder, gesprochen wurde. Dass ausdrücklich vereinbart wurde, dass ein gewerblicher Skiservice mit Publikumsverkehr stattfindet, erscheint nicht ohne weiteres lebensnah. Einen Beweis hierfür konnten die Beklagten jedenfalls nicht erbringen. (…)
Eine Kündigung kann dann nicht auf eine Verletzung der vertraglichen Pflichten gestützt werden, wenn (…) durch die Nutzung der Wohnzweck nicht verändert wird, Mitmieter nicht beeinträchtigt werden, sich nach außen keine wahrnehmbaren Störungen einstellen und sich keine Gefahr der Beschädigung oder übermäßige Abnutzung ergibt. (…) Der Skiservice ist, insbesondere aufgrund der Werbung nach außen, geeignet, eine unbestimmte Zahl an Kunden anzulocken, (…). Aus der Werbung ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer Terminvereinbarung, sodass auch Laufkundschaft zu erwarten ist. (…). Es handelt sich jedenfalls nicht um einen nicht ins Gewicht fallenden Kundenverkehr. (…) Skier und Snowboards werden üblicherweise mit dem Auto gebracht, sodass ein erhöhter Verkehr im Wohngebiet mit erhöhter Parkplatzauslastung zu erwarten ist. Dies muss die Vermieterin nicht dulden und konnte sowohl die Abmahnung als auch die Kündigung hierauf stützen.“
Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung am 17.07.2018 rechtskräftig. Die Beklagten hatten ihre Berufung im Hinblick auf die Zusage des Vermieters, bis 31.12.2018 nicht aus dem Urteil zu vollstrecken, zurückgenommen.
Quelle: AG München, Pressemitteilung vom 04.01.2019 zum Urteil 423 C 8953/17 vom 30.11.2017 (rkr)