Von Bundesbehörden, Bundestrojanern und Ballsport.

Sie können ihre Uhr danach stellen. Vor großen Sportereignissen passieren Gesetzesvorlagen lautloser den Bundestag, die für gewöhnlich schon große Kontroversen ausgelöst haben. Es geht um den Bundestrojaner. Nun hat auch der Bundesrat den Gesetzentwurf zur „Anpassung des Verfassungsschutzrechts“ passieren lassen. Somit steht fest, dass künftig das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst sowie die Verfassungsschutzämter der Länder Kommunikation per Messenger, E-Mail oder Telefon ausspähen dürfen. Diese Überwachung geschieht mit Hilfe sogenannter Staatstrojaner. Nun dürfen diese Dienste Informationen nicht nur direkt am gehackten Endgerät abgreifen, bevor Nachrichten ver­ oder entschlüsselt werden. Dazu kommt der Zugriff auf gespeicherte Chats und E-Mails. Alle IT­ Dienstleister, die Telekommunikation ermöglichen, müssen mit den Diensten kooperieren. Provider und Experten beklagen hier ein besonders hohes Risiko zum Missbrauch.

Sonderwerbeformen überall

Sie können auch danach ihre Uhr stellen. Minute 36, Dänemark führt gegen Tschechien mit eins zu null. Es kommt der obligatorische Hinweis vom Kommentator, man könne eine Zusammenfassung dieser und anderer Höhepunkte auf den YouTube Kanälen des Ersten sehen. Es handelt sich eigentlich um eine regelmäßige und nicht mal getarnte Sonderwerbeform. Die Strategen bei der Google-Tochter haben hier wie seit Jahren ihre teils massive Werbung umsonst. Bei einer paneuropäischen Veranstaltung, garniert übrigens erstmalig auch mit einer Datenbank als einem neuen Hauptsponsor. Tom Bartels von der ARD sagt also artig sein vorgestanztes Sprüchlein auf, einmal pro Halbzeit.

Alle öffentlich-rechtlichen Sender nutzen wie selbstverständlich diese sogenannten sozialen Medien, bewerben sie damit kostenlos, und stärken deren Umsätze. Und bringen Zuschauer und Hörer dazu, dort ihre Daten abzuliefern. Um an anderer Stelle dann zu berichten, dass die Steuermoral dieser ausländischen Konzerne dürftig bis abwesend ist, und wie unverändert schlimm das alles sei, ungerecht. Und all die Daten in diesen amerikanischen, oder chinesischen Wolken, jedenfalls seltenst in europäischen, oder gar deutschen Händen – das sei der Markt, und überhaupt. Dies monieren dann regelmäßig klagende Fachleute, gefolgt von quasi sonntäglich ritualisierten Anmerkungen einiger Politiker, gern nach großen Lleaks oder verheerenden Auswirkungen von digitalen Diebstählen oder generell mangelndem Datenschutz.

Viel leere Kommunikation über Notwendigkeiten bei der Gestaltung der Kommunikation der Zukunft. Umgeben sind alle von ihren tatsächlichen, oder konstruierten, Bedürfnissen und Notwendigkeiten, geformt und genormt von diesen einglasierten Gewohnheiten, dem Nutzer ist selten bewusst, wie sehr er sich ausdauernd ohne wirkliche Not in totale Abhängigkeiten geklickt hat. Und er will auch nicht regelmäßig daran erinnert werden. Hier beginnt das Reich der Verdrängung. Das Grauen reicht von ahnungslosem Geistern, die immer noch gerne verkünden, sie hätten nichts zu verbergen, eine Frage auch kognitiver Kapazitäten, eine Ausprägung selektiver Vernunft, bis hin zu flächendeckend struktureller Verwahrlosung, landesweit und von Bund abwärts bis in die kleinsten Bausteine kommunaler Behörden. Fast alle nutzen Betriebssysteme und Infrastrukturen, die den bekannten Anbietern gehören und denen man gefühlt zwangsläufig folgen muss, so der etablierte Glaube.

Warnung vor Facebook, Insta und TikTok

Während man dem Einzelnen noch klar vermitteln kann, dass er wohl doch noch ein Recht auf seine Daten hat und das, was man einst Privatsphäre nannte, entwickeln Apparate wie Ministerien und Behörden eine eigene Wucht der Gewohnheit, und eine alles entschleunigende Trägheit. Und ein Festhalten an bequemen, weil etablierten Kanälen, besonders im Wahljahr. Wiederholt hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Kelber vor US-Digitalkonzernen und den dort gehandhabten Defiziten beim Umgang mit Kunden und deren Daten gewarnt. Das gelte erst recht für Bundesbehörden, und selbstverständlich auch für ihre Facebook-Seiten.
Solange ein datenschutzkonformes Betreiben solcher Seiten nicht möglich sei, heißt es in einem Rundschreiben von Kelber, müssten alle staatlichen Behörden endlich Konsequenzen ziehen, bis spätestens Ende des Jahres. Auch hätten sie eine Vorbildwirkung. Ähnliche Schritte würden auch bei der Nutzung von Instagram, TikTok und Clubhouse geprüft.

Nun dann.

G.Hammer

SIKKER. Ist sicher.