„Zeugnisse“ für Lehrerbeurteilung auf dem Prüfstand der Gerichte
Auch im Lehrerbereich müssen einheitliche Bewertungsmaßstäbe eingehalten werden
Die dienstliche Beurteilung eines rheinland-pfälzischen Studienrats, die aus Anlass seiner Bewerbung um eine Beförderungsstelle von seinem Schulleiter erstellt worden war, durfte von der Schulaufsicht nicht allein auf der Grundlage eines erst nach Ablauf des Beurteilungszeitraums durchgeführten Unterrichtsbesuchs aufgehoben werden. Dies entschied in einem am 15.12.2017 veröffentlichten Urteil das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.In dem Berufungsverfahren ging es allerdings nicht allein um die konkrete Beurteilung des Lehrers. Auf dem Prüfstand stand vielmehr auch ganz allgemein das Beurteilungs- und Beförderungssystem für die Studienräte in Rheinland-Pfalz, bei dem es in den letzten Jahren offenbar in erheblichem Umfang zu unterschiedlichen Bewertungen der dienstlichen Leistungen der Lehrkräfte gekommen ist. Die Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sah sich deshalb in der Vergangenheit wiederholt dazu aufgerufen, dienstliche Beurteilungen von Lehrern einer schulaufsichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Dies erfolgt immer dann, wenn ein Lehrer die höchstmögliche Note erzielt hatte und an einer Schule unterrichtete, an der zuvor überdurchschnittlich viele solcher Noten vergeben worden waren. Unmittelbare Folge dieser Häufung von Spitzennoten war nämlich der auch der ADD nicht verborgen gebliebene Effekt, dass auf der Grundlage dieser Beurteilungen an der jeweiligen Schule im Vergleich zu anderen Schulen anschließend überdurchschnittlich viele Beförderungen erfolgten. Um hier gegenzusteuern, führt die ADD Überprüfungen dieser „Zeugnisse für Lehrer“ durch. Im vorliegenden Fall hob die ADD nach einem Unterrichtsbesuch durch zwei Schulaufsichtsbeamte im Juni 2015 die dienstliche Beurteilung des Klägers vom November 2014 auf. Seiner hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung des Landes Rheinland-Pfalz zurück.
Zwar sei das beklagte Land als Dienstherr grundsätzlich berechtigt, die dienstlichen Beurteilungen seiner beamteten Lehrer auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und im Fall ihrer Rechtswidrigkeit aufzuheben. Dies gelte insbesondere dann, wenn wie im aktuellen Fall die Beurteilungen offensichtlich nicht nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben erstellt worden seien. Die Aufhebung der dienstlichen Beurteilung des Klägers habe aber nicht allein auf die Bewertung seines Unterrichts im Juni 2015 gestützt werden können, weil diese Erkenntnisse erst durch den von der Schulaufsicht nach Ablauf des Beurteilungszeitraums durchgeführten Unterrichtsbesuch gewonnen worden seien. Außerhalb des Beurteilungszeitraums gezeigte Leistungen müssten unberücksichtigt bleiben.
Dagegen sei es nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts durchaus zulässig, zur Sicherung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe Verfahren einzuführen, die eingreifen, bevor die jeweiligen Beurteilungen erstellt werden. Hierfür wies das Gericht auf andere Verwaltungsbereiche hin, in denen etwa durch die Vorgabe von (begrenzenden) Richtwerten für „Spitzennoten“ oder durch regelmäßige Beurteilerkonferenzen und die Möglichkeit der Mitwirkung der nächsthöheren Dienstvorgesetzten (sog. Zweitbeurteiler) für die Anwendung gleichmäßiger Beurteilungsmaßstäbe gesorgt werde. Hier nehme das Beurteilungssystem für Studienräte in Rheinland-Pfalz, das auf all diese Sicherungssysteme für die Gewährleistung von gerechten Beurteilungen für Lehrer verzichte, eine Sonderstellung ein.
Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 15.12.2017 zum Urteil 2 A 10761/17 vom 28.11.2017