Zur Geltung der Obergrenze für Interbankenentgelte bei Kartenzahlverfahren

Ein Drei-Parteien-Verfahren, das einen Co-Branding-Partner oder Vertreter einbezieht, unterliegt im Bereich der Interbankenentgelte den gleichen Beschränkungen wie Vier-Parteien-Verfahren.

Der bloße Umstand, dass sich ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eines Co-Branding-Partners bedient, führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass die Zugangsanforderungen für dieses Verfahren gelten.

Für Kartenzahlungen gibt es zwei Modelle: die Drei-Parteien-Verfahren und die Vier-Parteien-Verfahren. An Letzteren sind vier Parteien beteiligt: Die Zahlungen erfolgen vom Konto des Verbrauchers auf das Konto des Händlers unter Beteiligung der kartenausgebenden Bank des Verbrauchers und der akquirierenden Bank, die dem Händler die Dienste bereitstellt, damit die Karte akzeptiert werden kann.

Bei den Vier-Parteien-Verfahren werden mittels des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers) vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet. Bei einem Drei-Parteien-Verfahren erbringt hingegen das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste, und kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen vom Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers innerhalb des Verfahrens. American Express betreibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren.

Das „Interbankenentgelt“ ist ein Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Der Betrag der Interbankenentgelte wird durch eine Unionsverordnung1 begrenzt.

Gibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren – wie American Express – gemeinsam mit einem Co-Branding-Partner („Erweiterung durch Co-Branding“) oder mittels eines Vertreters („Erweiterung durch Vertretung“) kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, wird es nach der erwähnten Verordnung als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet. Nachdem American Express eine Klage auf richterliche Überprüfung eingereicht hat, möchte der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court), des Vereinigten Königreichs in der Rechtssache C-304/16 vom Gerichtshof wissen, ob ein Co-Branding-Partner oder ein Vertreter wie ein Emittent handeln muss, damit ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten ist und folglich den in der Verordnung vorgesehenen Obergrenzen für Interbankenentgelte unterliegt.

Die Rechtssache C-643/16 betrifft die Richtlinie über Zahlungsdienste2, in der u. a. vorgesehen ist, dass die Vorschriften für den Zugang von Zahlungsdienstleistern zu Zahlungssystemen objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sein müssen und dass die Zahlungssysteme den Zahlungsdienstleistern keine restriktiven Regeln in Bezug auf die effektive Teilnahme an anderen Zahlungssystemen, keine diskriminierenden Regeln und keine Beschränkungen, die auf den Status des Instituts abstellen, auferlegen dürfen. In dieser Rechtssache möchte der High Court wissen, ob ein Drei-Parteien-Zahlungssystem wie American Express, das Vereinbarungen über Co-Branding abschließt oder sich eines Agenten bedient, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Zugangsverpflichtungen unterliegt, wenn der Co-Branding-Partner selbst keine Zahlungsdienste in diesem System erbringt oder wenn der Agent im Namen des Systems handelt, um Zahlungsdienste zu erbringen.

Mit seinen Urteilen vom 07.02.2018 antwortet der Gerichtshof zunächst in der Rechtssache C-304/16, dass weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik der Verordnung hervorgeht, dass der Co-Branding-Partner oder Vertreter an der Kartenausgabe beteiligt sein muss, damit ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten ist. Hätte der Unionsgesetzgeber den Anwendungsbereich der Verordnung dergestalt beschränken wollen, hätte er dies ausdrücklich vorsehen können.

Der Gerichtshof fügt hinzu, dass mit der Regulierung der Interbankenentgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessert und zur Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beigetragen werden soll. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Art der Gegenleistung oder des Vorteils als implizites Interbankenentgelt eingestuft werden kann, ohne dass der Co-Branding-Partner oder der Vertreter, mit dem das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung schließt, notwendigerweise an dessen Kartenausgabe beteiligt sein muss. Daher könnte es sich als schwierig erweisen, die Ziele der Verordnung, insbesondere das Ziel der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt, zu erreichen, wenn die Sachverhalte, in denen der Co-Branding-Partner oder der Vertreter nicht als Emittent handelt, aus diesem Grund von ihren Regeln in Bezug auf das Interbankenentgelt auszunehmen wären.

Schließt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung über Co-Branding oder eine Vereinbarung mit einem Vertreter, ist es deshalb als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten, so dass es den in der Verordnung vorgesehenen Obergrenzen für Interbankenentgelte unterliegt.

In der Rechtssache C-643/16 kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das eine Vereinbarung über Co-Branding abgeschlossen hat, nicht den in der Richtlinie vorgesehenen Zugangsanforderungen unterworfen ist, wenn der Co-Branding-Partner kein Zahlungsdienstleister ist und hinsichtlich des Produktangebots des Co-Brandings keine Zahlungsdienste in diesem Verfahren erbringt. Ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, das sich für die Erbringung von Zahlungsdiensten eines Agenten bedient, unterliegt hingegen den in der Richtlinie vorgesehenen Zugangsanforderungen.

Fußnoten

1Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. 2015, L 123, S. 1).
2Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 2015, L 337, S. 35).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 07.02.2018 zum Urteil C-304/16 und C-643/16 vom 07.02.2018